Die Schulzeit
Was für ein Typ Schüler warst du?
Als Schüler? Ich war etwas faul, habe gerade so viel Aufwand betrieben, dass es in Klausuren noch für eine zweistellige Punktzahl reicht, Ökonomisches Prinzip eben. Auch wenn mir damals schon bewusst war, dass ich mit mehr Ehrgeiz auch mehr hätte schaffen können, war ich doch zufrieden mit meinen Leistungen. Insbesondere fließende Sprachen waren und sind meine Stärke, daher war die Entscheidung für Englisch und Französisch eine leichte. Als mathematisch übermäßig begabt würde ich mich nicht bezeichnen, aber durch Ingenieure in der Familie technisch interessiert. Dadurch waren Physik und Mathe immer faszinierend, aber ohne Fleiß ist auch mir nichts zugeflogen. Übrigens, meine allerletzte Physik-Schulaufgabe habe ich mit einer 6 grandios in den Sand gesetzt, aber auch danach geht das Leben weiter und ich habe trotzdem Maschinenbau im Nebenfach studiert. Schlussendlich hat es im Abitur für eine 2,2 gereicht.
Was hast du nach deinem Schulabschluss gemacht?
Durch meinen Stiefvater bin ich über drei Ecken an ein zweieinhalbmonatiges Praktikum als Stipendiat gekommen. Nicht irgendwo, sondern in einem Businesshotel in Atlanta, Georgia, USA. Für mich ein großer Schritt, war das doch das wirklich erste Mal für mich, alleine in die Welt hinauszugehen und eigenverantwortlich mein Leben zu bestimmen. Gesehen habe ich dort sämtliche Bereiche, von der eigenständigen Arbeit am Front Desk, Telefonkonferenzen mit den Firmenchefs im Back Office über Lampenreparaturen als Maintenance Guy bis hin zum Housekeeping, Hotelwäsche waschen. Ach ja, Poolboy war ich nebenbei auch noch.
Ich habe hier meine Sprachkenntnisse feingeschliffen, mich selbst kennengelernt und bin an dieser Erfahrung unglaublich gewachsen. Wenn du die Chance hast, die Welt zu sehen, nutze sie! Wenn man eine solche Herausforderung annimmt, kann man dabei nur gewinnen.
Die Studienzeit
Was hast du studiert und wie kam es zu deiner Studienwahl?
Nach dem Abitur stand erstmal die Frage im Raum, wo ich studieren wollte. Meine Entscheidung, was genau ich studieren wollte, stand dagegen schon seit gut ein bis eineinhalb Jahren fest. Ein Professor der TU München hatte den Studiengang TUM-BWL an unserer Schule vorgestellt, und ich wusste sofort, das ist genau das Richtige für mich. Dazu kam, dass hier noch das Diplom angeboten wurde und die Akzeptanz der Bologna-Reform bei den Firmen noch nicht abzusehen war. Technologie- und managementorientierte Betriebswirtschaftslehre ist eine Kombination aus Betriebswirtschaft und technischem Nebenfach, ich nahm Maschinenbau. Als Autonarr mit zwei Ingenieuren in der Familie eine für mich naheliegende Entscheidung, konnte ich doch das Wissen aus zwei Welten vereinen, mich auf Fahrzeugtechnik fokussieren und auf spätere Schnittstellenpositionen im Beruf vorbereiten. Für Aufgaben, die ich auch aktuell bearbeite: im Entwicklungsbereich eines großen bayerischen Fahrzeugherstellers.
Dazu kam, dass ich in der Nähe meiner Heimat studieren konnte, somit Freunde und Familie in der Nähe hätte. Vielleicht ist dadurch der Drang, neue Freunde kennenzulernen, nicht ganz so groß gewesen. Ich habe jedoch einen kleinen, aber dafür umso feineren Freundeskreis in der Uni aufgebaut, auf den ich heute noch zählen kann. Eine neue Stadt hätte allerdings auch einen großen Reiz gehabt, ein eigenes Leben zu starten. So habe ich auch die ersten Semester noch zuhause gewohnt, bis irgendwann der Umzug in die eigene erste Wohnung anstand
Mein Studium wurde durch meine Eltern finanziert und ich bin dankbar dafür, diesen Luxus gehabt zu haben.
Was genau macht man im Studium?
Das Vordiplom war geprägt von Grundlagenfächern, die sämtliche Bereiche von Leistungsrechnung, Finance, Volkswirtschaftslehre, Personalführung bis hin zu Wirtschaftsprivatrecht, Informatik und Mathe abgedeckt haben. Die ersten Semester waren sehr anspruchsvoll, aber haben nur meinen Willen gestärkt, dieses Studium erfolgreich zu meistern. Im technischen Nebenfach (bei mir Maschinenbau) war ebenfalls der Besuch von Grundlagenfächer wie CAD-Zeichnen Grundlagen der Entwicklung und Produktion empfohlen. Dabei kristallisiert sich irgendwann heraus, welche Themengebiete einem selbst liegen und interessieren. Im Hauptstudium konnte ich dann zwei verschiedene betriebswirtschaftliche Vertiefungsblöcke wählen, dazu kamen noch zwei Spezialisierungen im Bereich Maschinenbau. Ich habe mich für Innovationsmanagement und Marketing im einen BWL-Bereich und Technisches Produktionsmanagement sowie Ergonomie im Bereich Maschinenwesen entschieden.
Zwei Semester habe ich ein freiwilliges Praktikum eingeschoben, um ein wenig Berufspraxis zu sammeln. Dabei bin ich zum einen bei einem großen deutschen Hersteller für Haushaltsgeräte in der Innovationsmanagement-Abteilung gelandet. Eine ausgesprochen spannende Zeit, damals steckte das Thema Smart Grid und intelligente Hausgeräte noch in den Kinderschuhen. Heute sehen wir hier schon einen riesigen Entwicklungssprung. Mein zweites Praktikum bei dem großen Automobil-OEM habe ich von einem Freund und Kommilitonen vermittelt bekommen. Genau der, bei dem ich heute extern arbeite.
Die beste Zeit meines Lebens war aber definitiv mein Auslandssemester in San Diego, California, USA. Neben Sonne, Strand und einem grandiosen Surf war aber auch richtiges Ranklotzen in der Uni angesagt, kein reines Spaßsemester. Ich hatte mit Unterstützung einer darauf spezialisierten Firma alles selbst organisiert und auch bezahlt. Schon alleine aus diesem Grund wollte ich gute Noten mit nach Hause bringen. Ich glaube, diese Zeit hat mich persönlich so sehr weiter gebracht wie sonst nichts anderes bisher. Neue Menschen, neue Kultur, alleine auf der anderen Seite der Erdhalbkugel. Ich kann nur jedem empfehlen: ihr habt keine Chance, nutzt sie.
Eine gänzlich andere Erfahrung war die zwischenzeitliche Projektarbeit in einem Startup für Patenttransaktionen. Wir haben zusammen mit den Gründern den Arbeitsprozess in der Praxis ausprobiert und weiter optimiert. Dabei hat man einen super Einblick in die Start-Up-Szene bekommen, was ein vollkommen anderes Arbeiten war als im Konzern. Über die Inhalte dieses Projektes habe ich dann auch meine Diplomarbeit geschrieben.
Mit welchen Erwartungen hast du damals dein Studium begonnen?
Ich wusste von Anfang an, dass dieses Studium für mich persönlich eine Herausforderung wird. Trotz der Begeisterung für viele Inhalte war mir bewusst, dass ich mich durch die Komplexität der Fächer und die Unsumme an Wissen kämpfen werde müssen. Uninteressante Inhalte gibt es in jedem Studium, das ist normal. Ein einfacher Studiengang ist es definitiv nicht, man sollte mit Herz und Hirn bei der Sache sein.
Der Job
Was ist deine Jobbezeichnung?
Die offizielle Bezeichnung ist Projektingenieur Terminmanagement für den Bereich Aftersales.
Terminmanagement nicht im Sinne von Outlook-Kalendereinträgen, sondern einer 4- bis 7-jährigen Entwicklungsroadmap für Fahrzeugprojekte sämtlicher eingebundenen Fachbereiche. Meinen eigenen Termine muss ich allerdings schon in Outlook managen.
Wie kamst du zu deinem jetzigen Job?
Seit gut einem dreiviertel Jahr bin ich nun bei meinem aktuellen Arbeitgeber, es ist meine erste Anstellung. Da ich von Anfang an in die Fahrzeugbranche und meine Leidenschaft für Autos im Beruf ausleben wollte, habe ich meinen Fokus auch auf entsprechende Firmen gelegt. Aus diesem Grund auch das Praktikum bei diesem Hersteller während meines Studiums. Ein Direkteinstieg bei OEM’s ist heutzutage leider nicht mehr ganz so einfach, darum habe ich den Umweg über einen Dienstleister gewählt. Meine Vorauswahl der Arbeitgeber habe ich unter anderem mit Kununu quergecheckt, einer Bewertungsplattform für Arbeitgeber von Arbeitnehmern. Nach einer Suche von rund drei Monaten hatte ich das Angebot meines aktuellen Arbeitgebers und mich dafür entschieden. Gehaltstechnisch ist es nicht mit einem Direkteinstieg zu vergleichen, aber ich verdiene trotzdem ganz akzeptabel im Vergleich. Es kommt viel auf die eigene Persönlichkeit und das Verhandlungsgeschick an, man sollte sich nicht unter Wert verkaufen, aber auch nicht nass-forsch im Bewerbungsgespräch Fantasiezahlen nennen. Als Berufseinsteiger verfügt man meist ausschließlich über Erfahrung durch Praktika oder Werkstudententätigkeiten, daher ist gesundes Selbstbewusstsein gut, Überheblichkeit jedoch unangebracht.
Erfahrung sammeln, sich entwickeln und immer weiter lernen sind jetzt am Anfang meine wichtigsten Ziele, die mich durch den Berufsstart und später das gesamte Berufsleben tragen.
Ich glaube, damit kann ich definitiv glücklicher und erfolgreicher werden, als mit der Idee vor ein paar Jahren, Fitnesstrainer zu werden. Wobei, sag niemals nie.
Wie sind die Berufschancen mit deinem Studium und wie schwierig ist es deinen momentanen Job zu bekommen?
Als Diplomkaufmann mit technischem Hintergrund bringe ich schon ein gutes fachliches Fundament mit, aber das eigentliche Know-how für das tägliche Arbeiten bekommt man erst nach und nach durch die Tätigkeit. Eine technische Ausbildung ist allerdings keine zwingende Voraussetzung, bei einigen Themen jedoch manchmal ganz nützlich.
Wie bereits gesagt, ein Direkteinstieg bei einem der großen OEM’s funktioniert oft bei herausragenden universitären Leistungen, branchenbezogenen Praktika oder einem entsprechenden Netzwerk. Da man als Absolvent selten über ein solches Netzwerk verfügt, hilft das eher wenig weiter. Man muss zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein und die richtige Qualifikation mitbringen. Wann dass wo wie ist, ist schwer vorauszusagen. Aber nicht aufgeben, das Leben sucht sich schon seinen eigenen Weg.
Was macht Dein Unternehmen und wie ist es dort zu arbeiten?
Wir sind ein Dienstleistungsunternehmen mit ca. 300 Mitarbeitern, das seine Ingenieur- und Management-Leistungen hauptsächlich großen Fahrzeugherstellern anbietet. Ausschlaggebend für meine Arbeitgeberwahl war das freundschaftliche Umfeld, in dem ich mich frei entfalten kann. Mein Chef und selbst die Geschäftsführer haben eine stets offene Türe, wenn kleinere oder größere Themen zu diskutieren sind. Man duzt wirklich jeden, was die Zusammenarbeit auf ein ganz anderes Niveau hebt.
Was machst du genau in deinem Job?
Meine Aufgabenstellung ist nur grob beschrieben: Übergabefähige Fahrzeug-Terminpläne zu erstellen. Da in jedem Fahrzeugprojekt spezifische Herausforderungen und Risiken auftauchen, gibt es kein Patentrezept. Morgens steht meist nach einem Kaffee und dem kurzem Check der eingegangenen Mails die ersten Abstimmung mit den Fachbereichen an. Es muss meist eine individuelle Lösung mit allen Beteiligten gefunden werden. Häufig in Einzeltermine, manchmal auch in größeren Runden, um alle Beteiligten an einen Tisch zu bekommen. Im weiteren Tagesgeschäft nehme ich an für meine Aufgabe relevanten oder interessanten Regelterminen teil, pflege diese Lösungen systemseitig in die Terminplänen ein und bereite Agenda und Protokoll meiner eigenen Regelrunde vor-/nach. Arbeitszeit ist nicht der Taktgeber, sondern die Zeit bis zur Lösungsfinden. Das kann schnell gehen, sich aber auch über Wochen hinziehen.
Was findest du ist das Spannendste an deinem Job?
Komme ich morgens ins Büro, weiß ich häufig nicht, was die kommende Woche für Überraschungen für mich bereithalten wird. Dadurch, dass ich in meiner Schnittstellenfunktion mit so vielen unterschiedlichen und interessanten Menschen und Bereichen zusammenarbeite, kommen immer wieder unerwartete Aufgaben auf mich zu. Und genau das macht den Reiz aus, es wird nie langweilig. Natürlich gibt es auch Tagesgeschäft, aber das Spannende an meinem Job sind diese kleinen und großen Überraschungen.
Was findest du nicht so spannend an deinem Job?
Ein Großkonzern ist ein fein orchestriertes Uhrwerk aus vielen kleinen und großen Rädchen, das nur zusammen gut funktioniert. Unterschiedliche Sichtweisen sind normal, doch manchmal lässt mich das Bereichsdenken im Großkonzern an diesem System zweifeln. Vielleicht bin ich als Berufseinsteiger noch zu naiv, aber das gesamtunternehmerische Handeln ist bei manchen Menschen nicht mehr die Maxime ihres Handelns. Unsere Leistungen könnten um ein vielfaches höher, schneller, weiter sein, doch überall menschelt es manchmal. Und genau das ist die tagtägliche Herausforderung und Motivation, lebenslang zu lernen und sich allem zu stellen.
War der Job auf deinen Studiengang zugeschnitten oder kann man auch etwas anderes machen, um in deinem Bereich tätig zu werden?
Jeder, der eine gute Auffassungsgabe hat, die Bereitschaft, sich in das Thema einzuarbeiten mitbringt und ausdauernd genug ist, kann diesen Job lernen. Ich habe Kollegen, die sind klassische Wirtschaftsingenieure oder Ingenieure. Darüber hinaus gibt es aber auch Mathematiker, Betriebswirte und selbst mit einer Ausbildung zum Hotelfachangestellten kann man sich empfehlen. Wichtig ist, mit Menschen umgehen zu wollen und lösungsorientiert Probleme anzugehen. Aber auch das kann man lernen, learning by doing sozusagen.
Was würdest du deinem jüngeren Ich raten?
Viele sagen, sie würden alles nochmal exakt genauso machen. Für mich gilt das mit einer Einschränkung: fast genauso. Im großen Rahmen würde ich mein Leben wohl nochmal genauso nachzeichnen. Wahrscheinlich aber würde ich mein Studium noch technischer ausrichten und Wirtschaftsingenieurwesen studieren. Und wenn möglich ein Auslandssemester in Asien realisieren, dort zieht es mich auch heute noch hin.
Rückblickend betrachtet, würde ich mich definitiv mehr außeruniversitär ausprobieren. Es geht nichts über Erfahrung und Lebensreife, die findet man nicht in dunklen Bibliotheken. Ich bin der Meinung, dass die in den letzten Jahren bei Betriebswirtschaftlern inflationär gewordene Lebenslaufoptimierung zu viele Gleichläufer hervorbringt und zu wenige Querdenker, die einen anderer Blinkwinkel in Teams bringen. Leute, probiert euch aus und findet euch selbst!
Ich höre gerade zufällig den Song Don’t Stop Believin‘ von Journey. Und genau das würde ich meinem jüngeren Ich raten, denn wenn man ein Ziel vor Augen hat und es konsequent verfolgt, kann man selbst das Unmögliche möglich machen!