Welche Voraussetzungen sollte man für ein Studium des Internationalen Rechts mit sich bringen?

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Hi Michael,

Welche persönlichen Stärken/Interessen, Eigenschaften, Noten? Was sind die Perspektiven, die mit diesem Studium einhergehen? Was muss ich mir unter Internationalem Recht vorstellen?

1 Antwort

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Michael

Antwort von Michael 10.11.2015 20:41

Hallo,

zunächst mal würde ich sagen, dass man für internationales Recht im Allgemeinen keine grundlegend anderen Fähigkeiten braucht als für ein normales Jurastudium. Gute Englischkenntnisse können natürlich nie schaden, während meines Studiums in Deutschland hab ich die aber nie gebraucht. Es kann aber sein, dass es Unis gibt, die bestimmte internationalrechtliche Vorlesungen auf Englisch halten, was durchaus Sinn macht. Da musst du dich aber von Uni zu Uni informieren. Falls du vor hast, während des Studiums ins Ausland zu gehen, sind einigermaßen gute Sprachkenntnisse natürlich auch Vorraussetzung. Es ist aber keine Pflicht, für internationales Recht einen Auslandsaufenthalt zu machen. ;-)

Die NCs sind wahrscheinlich von Uni zu Uni recht unterschiedlich. In meinem deutsch-französischen Studiengang lag der NC glaube ich damals bei 2,1, hat aber in der Zwischenzeit angezogen. Auch da muss man von Uni zu Uni schauen. In der Regel studiert man aber auch nicht einfach "Internationales Recht", sondern macht das als Schwerpunktfach im Rahmen eines normalen Jurastudiums, wo die NC-Spanne wiederum deutlich breiter ist, oder, was auch sehr beliebt ist, man macht einen LL.M. (quasi eine Art Jura-Master für internationales Recht), meist nach dem ersten oder zweiten Staatsexamen. Für letzteres muss man dann aber schon eher gute Noten vorweisen können.

Jobperspektiven können v.a. internationale Großkanzleien sein (da kommen nur die Besten der Besten rein), oder kleinere international außgerichtete Kanzleien, sowie Unternehmen, Verbände oder auch die EU.

Internationales Recht für Nichtjuristen zu erklären ist etwas schwierig, aber ich versuche es. :D
Zunächst muss man unterscheiden zwischen internationalem öffentlichen Recht und internationalem Privatrecht (und internationalem Strafrecht, das ist aber eher eine Nische).
Öffentliches Recht im allgemeinen betrifft die Rechtsbeziehungen zwischen Bürger und Staat (sowie im internationalen Bezug auch zwischen Staaten untereinander), Privatrecht betrifft die Rechtsbeziehungen der Bürger untereinander.
Internationales öffentliches Recht behandelt also z.B. Europarecht (z.B. Organisation der EU, Europäische Menschenrechtskonvention,...), Völkerrecht, etc.
Da ich selbst aber nur internationales Privatrecht (kurz: IPR) studiere und mich da dementsprechend besser auskenne, konzentriere ich mich im Folgenden darauf:
Das IPR besteht zum Großteil (noch) nicht aus materiellrechtlichen Regelungen, also Regeln die unmittelbar eine Situation regeln (Bsp.: A hat das Auto des B zerstört -> A muss B Schadensersatz zahlen; oder Frau A und Frau B wollen heiraten -> Das können sie nicht, sie können nur eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingehen).
Vielmehr beschäftigt man sich im IPR hauptsächlich mit "Konkurrenzregeln", die in internationalen Sachverhalten festlegen, welches Recht Anwendung findet und welche Gerichte welchen Landes zuständig sind, um darüber zu Urteilen. Das klingt erstmal komisch, ist aber sehr spannend und oft die entscheidende Frage in der Praxis.
Um die Beispiele von oben aufzugreifen:
1. Der Franzose A hat in Deutschland das Auto des Amerikaners B zerstört. Wo kann er klagen? Der Amerikaner findet es natürlich grundsätzlich komfortabler, in seiner Heimat klagen zu können und dies nicht im Ausland tun zu müssen. Eventuell gibt es in einem der 3 Länder auch prozessuale Regeln, die dieses Land für eine Klage attraktiv machen (z.B. Beweiserleichterungen). Nach welchem Recht kann er klagen? Die eine Rechtsordnung kann höhere Schadensersatzssummen als eine andere vorsehen.

2. Die Türkin A hat die Britin B in Holland geheiratet. Jetzt wollen die beiden nach Deutschland ziehen und dort gemeinsam ein Kind adoptieren. Nach deutschem Recht ist eine gemeinsame Adoption aber nur durch Ehepartner möglich. Ist die holländische Ehe in Deutschland gültig, gilt sie in Deutschland nur als eingetragene Lebenspartnerschaft oder ist sie generell ungültig? Nach welchem Recht beurteilt sich das?

Das sind Fragen mit denen man sich im IPR beschäftigt und du siehst ja sicherlich, was für eine große Relevanz das hat.

Ich hoffe, das konnte dir einen kleinen Einblick verschaffen und war einigermaßen verständlich. Falls nicht, lass dich davon aber nicht entmutigen, bevor ich im 5. Semester meine erste IPR-Vorlesung besucht habe, hatte ich auch noch keine Ahnung, was das überhaupt ist. ;-)

Beste Grüße

Michael

Neu ergänzt am 10.11.2015 um 20:41 Uhr