Humanmedizin an der Universität Heidelberg

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Hi Alexander,

Wie wird das medizinische Wissen gelehrt (Struktur und Vorgehensweise) ?

Ist das Medizinstudium wirklich so wie man immer hört? Also muss man im Medizinstudium nur auswendig lernen? Was sollte man deiner Meinung nach für das Medizinstudium in Heidelberg mitbringen?

Würde mich über eine Antwort freuen.

4 Antworten

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Antwort von Alexander 15.12.2015 12:35

Hallo Aisha,

vielen Dank für deine Nachricht. Ich versuche dir mal ein grobes Bild vom Medizinstudium, speziell in Heidelberg, zu geben.

Wie wird das medizinische Wissen gelehrt (Struktur und Vorgehensweise) ?

Das Medizinstudium in Heidelberg läuft nicht "klassisch" ab, sondern als integriertes Studium. Im ersten Semester dominiert
das Fach Anatomie. Man startet gleich nach der Einführungswoche mit den Anatomievorlesungen und dem Präparier-Kurs.
Der Kurs findet 2x wöchentlich halbtags statt und ihr lernt in kleinen Gruppen (ca. 8 Studenten) an einer Leiche mithilfe eines
Dozenten und eines studentischen Tutors aus einem höheren Semester, die Anatomie kennen.Dann geht es auch schon gleich
los mit den ersten Prüfungen. Diese finden alle paar Wochen statt und sind entweder als Parcour aufgebaut oder mündlich an der
Leiche.
Dazu kommen Fächer wie Physik, Chemie, medizinische Psychologie und Soziologie, Biochemie, Terminologie (Lehre der
medizinischen Begriffe / Sprache), Histologie (Zelllehre) mit Mikroskopierkurs und Humangenetik.

Das Wissen wird in jedem Fach ein wenig anders vermittelt. Es gibt praktisch immer eine oder mehrere Vorlesungen pro Woche,
die je nach Dozent mehr oder weniger sinnvoll sind und selten Pflicht sind. Parallel gibt es teilweise praktische Kurse, zum Beispiel
im Labor (Chemie, Biochemie, Physiologie und Physik) oder der Mikroskopierkurs. Leider zum Teil auch in den Ferien.

Was ich dir bis hierher erzählt habe betrifft nur die Vorklinik, also die ersten 4 Semester bis zum 1. Staatsexamen (Physikum).
Die einzelnen Fächer hat man nicht jedes Semester in vollem Umfang. Anatomie, Physik und Chemie hat man zum Beispiel
nur im 1. Semester. Die "großen" Fächer wie Histologie, Physiologie und Biochemie, verteilen sich auf die anderen Semester und
haben jedes Semester andere inhaltliche Schwerpunkte.

Nun kommen wir auch zum Kern des integrierten Studiums. An den meisten anderen Unis werden die einzelnen Fächer unabhängig
voneinander unterrichtet und auch einzeln geprüft. In Heidelberg steht jedes Semester mehr oder weniger unter einem "Motto". Zum
Beispiel wäre das im 4. Semester "Neuro". Man lernt dort dann parallel die Physiologie (Funktion) und Biochemie sowie auch nochmal
als kleine Wiederholung die Anatomie des Gehirns und des Nervensystems. So bekommt man ein gutes Gesamtverständnis. An anderen
Unis kann es schon mal passieren, dass die Biochemie des Gehirns im 3. Semster, die Anatomie im 2. Semester und die Physiologie
im 4. Semester gelehrt wird.
Am Ende des zweiten, dritten und vierten Semesters schreibt ihr eine große "integrierte Klausur". Das hat Vor- und Nachteile.
Man hat das Semester über zwar seine Ruhe und nur am Ende eine riesen Prüfung, muss dann aber auch ordentlich ranklotzen. Fächer die
man nicht so gut kann, kann man durch andere Fächer ausgleichen, da die einzelnen Fächer nicht einzeln benotet werden. Es gibt nur eine
Gesamtwertung. Nun aber auch der größte Nachteil. Sollte man die Klausur nicht bestehen, hat man alle Fächer nicht bestanden.
Noten gibt es übrigens keine. Die meisten Klausuren sind multiple choice und man muss 60% richtig haben um zu bestehen.
Der Schwierigkeitsgrad ist zum Teil echt hoch. Sehr gute Leistungen sind selten und schwer zu erreichen. Das hat aber nichts damit zu tun,
dass die Studierenden zu blöd sind, sondern die Uni will euch da einfach mal ans Limit bringen. Da darf man sich nicht demotivieren
lassen.

Das klingt jetzt vielleicht alles nicht so super toll. Es gibt aber durchaus Highlights, auch in der Vorklinik :-) Zum Beispiel fand ich die
Physiologiepraktika immer toll. Dort messt ihr zum Beispiel eure Leistungsfähigkeit auf dem Fahrrad, testet Reflexe, schreibt von euch mal
ein EKG usw. Also durchaus etwas, was auch mit Medizin zu tun hat.
Es gibt auch kleine Fächer wie "AAL" (Anatomie am Lebenden), dort lernt ihr schon früh Untersuchungstechniken und nehmt euch zum Beispiel
gegenseitig Blut ab. Heidelberg versucht den trockenen Stoff irgendwie lebendig zu machen.

In der Vorklinik muss man außerdem ein 3-monatiges Pflegepraktikum absolvieren.

Mein Fazit zur Vorklinik: Es wird ein hohes Tempo vorgelegt. Das Niveau und der Umfang der klassischen Naturwissenschaften wie Physik ist
etwa auf de der letzten beiden Klassen im Gymnasium, allerdings komprimiert auf wenige Wochen. Sollte man hier Schwächen haben, schafft
man das aber auch! Es gibt Lerngruppen, Wiederholungsvorlesungen und Kurse mit denen man gut durch kommen kann.
Der Stoff ist zum Teil sehr trocken und hat mit Medizin nicht viel zu tun. Da muss man aber leider durch. Nach der Vorklinik wird aber alles besser.
Und wie du vielleicht gemerkt hast sitzt du nicht nur in den Vorlesungen sondern hast auch praktische Kurse.

Puh, das waren schon mal viele Infos. Kannst du noch? ;-) Weiter gehts!

Der klinische Studienabschnitt ist wieder komplett anders aufgebaut. Hier gibt es auch wieder ein "Heidelberger Spezial". Die 6 klinischen
Semester werden auf 5 Semester komprimiert. Somit hat man automatisch ein Freisemester. Das ist eigentlich für die Doktorarbeit gedacht, kann aber
auch einfach für Urlaub genutzt werden. Ich versuche die Klinik mal schnell zusammenzufassen.

Das 1. klinische Semester ist die Propädeutik. Hier hat man viele, viele kleine Fächer und einen 2-wöchigen Untersuchungskurs in einer Klinik.
Inhalte sind zum Beispiel Biometrie, Hygiene, Pathologie, Radiologie.....meistens nur 2-4 Wochen lang und mit einer kleinen Klausur verbunden. Es gibt
ab jetzt also nicht mehr nur eine große Klausur am Ende des Semesters sondern viele kleine, dafür aber übers Semester verteilt.

Die restlichen 4 klinischen Semester absolviert man in kleineren Gruppen und nicht immer in der gleichen Reihenfolge. Es gibt jeweils ein großes Semester
"Innere Medizin" mit all seine Unterfächern, ein großes Semster Chirurgie und 2 Semester mit vielen vielen "kleinen" Fächern (Gynäkologie, Anästhesie,
HNO, Augenheilkunde, Pädiatrie, Rechtsmedizin und noch viele mehr).

Die klinischen Semester sind viel praktischer orientiert als die Vorklinik und auch "richtig medizinisch". Es gibt wie immer Vorlesungen, aber auch Seminare
in kleinen Gruppen und natürlich Unterricht in der Klinik am Patientenbett. Je nach Fach ist dieser auch richtig gut und in schön kleinen Gruppen. Man ist maximal
zu viert einem Arzt zugeteilt und bespricht Fälle, untersucht Patienten und übt Untersuchungstechniken.

In den Ferien ist dann Zeit für die Famulaturen. Also "ärztliche Praktika" in der Klinik. Insgesamt 120 Tage. Hier arbeitet man richtig in der Klinik mit und bekommt
ein gutes Gefühl für die einzelnen Fächer. Man sieht auch sehr gut ob einem eine Fachrichtung liegt oder nicht.

Abgeschlossen wird das Studium mit dem 2. Staatsexamen (schriftlich), dem praktischen Jahr in der Klinik (je 4 Monate Innere, Chirurgie und ein Wahlfach) und
dem 3. Staatsexamen (mündlich).

Mein Fazit zur Klinik: Hier macht das Studium richtig Spaß! Es geht endlich um Medizin, die Klausuren sind spürbar einfacher und man hat auch wieder
etwas mehr Freizeit.

Ist das Medizinstudium wirklich so wie man immer hört? Also muss man im Medizinstudium nur auswendig lernen?

Zum Teil schon. Aber reines auswendig lernen ist es nicht. Gerade am Anfang (Anatomie) ist es sehr viel stures auswendig lernen.
Dann gibt es Fächer, wie Biochemie und Physiologie, die sich total gut über "Verständnis" lernen und herleiten lassen, wo man mit
auswendig lernen aber auch recht weit kommt. Der Zeitaufwand fürs Lernen ist echt hoch. Ich war zur Schulzeit relativ faul und musste mich erst mal
an das viele Lernen gewöhnen. Zumal ich vor dem Studium noch eine Ausbildung gemacht habe. Es gibt immer wieder Themen die man nicht mag und die
man sich regelrecht ins Gedächtnis kloppen muss. Die Medizin ist aber auch unglaublich spannend und wenn man mit einer Portion Neugier ran geht,
kann man viel Spaß haben.

Was sollte man deiner Meinung nach für das Medizinstudium in Heidelberg mitbringen?

Das ist eine sehr gute Frage. Man muss sich bewusst sein, dass das Studium anstrengend ist und einfach 6-7 Jahre dauert. Man sollte sich also recht sicher
sein, dass man wirklich Ärztin/Arzt werden will oder zumindest etwas verwandtes tun möchte (Forschung, Industrie...). Das Leben als Ärztin/Arzt hat viele tolle
Seiten, hat aber wenig mit Vorstellung wie zum Beispiel Grey's Anatomy oder ähnlichem zu tun. Ein FSJ oder eine Ausbildung in einem medizinischen Beruf
schadet sicher nicht. Gerade wenn man noch Wartezeit zu füllen hat.
Man braucht Neugier und Durchhaltevermögen. Trotzdem sollte man nicht zu verbissen dran gehen. Party machen, Hobbies pflegen und Freunde sollten im Studium
niemals zu kurz kommen!
Gutes Vorwissen in den naturwissenschaftlichen Fächern ist sicherlich hilfreich. Schwachstellen hat aber jede/r, also nur Mut! Man braucht auch kein 1,0er Abitur
um gut durchs Studium zu kommen. Ich selbst hatte "nur" eine 2,3 und ein Freund von mir sogar nur 3,5 und er ist jetzt einer der besten seines Semesters.
Man sollte keine Berührungsängste haben oder all zu scheu sein. Man wird bald mit, zum Teil schwer Kranken, Patienten konfrontiert und muss auch solche Situationen
aushalten können. Kann man aber alles lernen :-)

Das war jetzt ein großer Brocken an Infos. Und natürlich auch ein wenig subjektiv. Ich persönlich bin froh das Studium durchgezogen zu haben und würde es auch
immer wieder machen. Der Arztberuf bietet viele Möglichkeiten und ist einfach toll :-) Man muss es sich aber gut überlegen, denn der Weg ist lang und zum Teil steinig.
Ich denke jede Uni hat ihre Vorteile und man kann überall gut Medizin studieren. Ich war mit Heidelberg aber sehr zufrieden und die Uni hat natürlich auch einen sehr
guten Ruf!

Ich könnte noch viel mehr erzählen, aber das sprengt den Rahmen. Falls ich etwas vergessen oder eine Frage falsch verstanden habe, kannst du mir jederzeit wieder
schreiben.

Viele Grüße,
Alexander

Hallo Aisha,

vielen Dank für deine Nachricht. Ich versuche dir mal ein grobes Bild vom Medizinstudium, speziell in Heidelberg, zu geben.

Wie wird das medizinische Wissen gelehrt (Struktur und Vorgehensweise) ?

Das Medizinstudium in Heidelberg läuft nicht "klassisch" ab, sondern als integriertes Studium. Im ersten Semester dominiert
das Fach Anatomie. Man startet gleich nach der Einführungswoche mit den Anatomievorlesungen und dem Präparier-Kurs.
Der Kurs findet 2x wöchentlich halbtags statt und ihr lernt in kleinen Gruppen (ca. 8 Studenten) an einer Leiche mithilfe eines
Dozenten und eines studentischen Tutors aus einem höheren Semester, die Anatomie kennen.Dann geht es auch schon gleich
los mit den ersten Prüfungen. Diese finden alle paar Wochen statt und sind entweder als Parcour aufgebaut oder mündlich an der
Leiche.
Dazu kommen Fächer wie Physik, Chemie, medizinische Psychologie und Soziologie, Biochemie, Terminologie (Lehre der
medizinischen Begriffe / Sprache), Histologie (Zelllehre) mit Mikroskopierkurs und Humangenetik.

Das Wissen wird in jedem Fach ein wenig anders vermittelt. Es gibt praktisch immer eine oder mehrere Vorlesungen pro Woche,
die je nach Dozent mehr oder weniger sinnvoll sind und selten Pflicht sind. Parallel gibt es teilweise praktische Kurse, zum Beispiel
im Labor (Chemie, Biochemie, Physiologie und Physik) oder der Mikroskopierkurs. Leider zum Teil auch in den Ferien.

Was ich dir bis hierher erzählt habe betrifft nur die Vorklinik, also die ersten 4 Semester bis zum 1. Staatsexamen (Physikum).
Die einzelnen Fächer hat man nicht jedes Semester in vollem Umfang. Anatomie, Physik und Chemie hat man zum Beispiel
nur im 1. Semester. Die "großen" Fächer wie Histologie, Physiologie und Biochemie, verteilen sich auf die anderen Semester und
haben jedes Semester andere inhaltliche Schwerpunkte.

Nun kommen wir auch zum Kern des integrierten Studiums. An den meisten anderen Unis werden die einzelnen Fächer unabhängig
voneinander unterrichtet und auch einzeln geprüft. In Heidelberg steht jedes Semester mehr oder weniger unter einem "Motto". Zum
Beispiel wäre das im 4. Semester "Neuro". Man lernt dort dann parallel die Physiologie (Funktion) und Biochemie sowie auch nochmal
als kleine Wiederholung die Anatomie des Gehirns und des Nervensystems. So bekommt man ein gutes Gesamtverständnis. An anderen
Unis kann es schon mal passieren, dass die Biochemie des Gehirns im 3. Semster, die Anatomie im 2. Semester und die Physiologie
im 4. Semester gelehrt wird.
Am Ende des zweiten, dritten und vierten Semesters schreibt ihr eine große "integrierte Klausur". Das hat Vor- und Nachteile.
Man hat das Semester über zwar seine Ruhe und nur am Ende eine riesen Prüfung, muss dann aber auch ordentlich ranklotzen. Fächer die
man nicht so gut kann, kann man durch andere Fächer ausgleichen, da die einzelnen Fächer nicht einzeln benotet werden. Es gibt nur eine
Gesamtwertung. Nun aber auch der größte Nachteil. Sollte man die Klausur nicht bestehen, hat man alle Fächer nicht bestanden.
Noten gibt es übrigens keine. Die meisten Klausuren sind multiple choice und man muss 60% richtig haben um zu bestehen.
Der Schwierigkeitsgrad ist zum Teil echt hoch. Sehr gute Leistungen sind selten und schwer zu erreichen. Das hat aber nichts damit zu tun,
dass die Studierenden zu blöd sind, sondern die Uni will euch da einfach mal ans Limit bringen. Da darf man sich nicht demotivieren
lassen.

Das klingt jetzt vielleicht alles nicht so super toll. Es gibt aber durchaus Highlights, auch in der Vorklinik :-) Zum Beispiel fand ich die
Physiologiepraktika immer toll. Dort messt ihr zum Beispiel eure Leistungsfähigkeit auf dem Fahrrad, testet Reflexe, schreibt von euch mal
ein EKG usw. Also durchaus etwas, was auch mit Medizin zu tun hat.
Es gibt auch kleine Fächer wie "AAL" (Anatomie am Lebenden), dort lernt ihr schon früh Untersuchungstechniken und nehmt euch zum Beispiel
gegenseitig Blut ab. Heidelberg versucht den trockenen Stoff irgendwie lebendig zu machen.

In der Vorklinik muss man außerdem ein 3-monatiges Pflegepraktikum absolvieren.

Mein Fazit zur Vorklinik: Es wird ein hohes Tempo vorgelegt. Das Niveau und der Umfang der klassischen Naturwissenschaften wie Physik ist
etwa auf de der letzten beiden Klassen im Gymnasium, allerdings komprimiert auf wenige Wochen. Sollte man hier Schwächen haben, schafft
man das aber auch! Es gibt Lerngruppen, Wiederholungsvorlesungen und Kurse mit denen man gut durch kommen kann.
Der Stoff ist zum Teil sehr trocken und hat mit Medizin nicht viel zu tun. Da muss man aber leider durch. Nach der Vorklinik wird aber alles besser.
Und wie du vielleicht gemerkt hast sitzt du nicht nur in den Vorlesungen sondern hast auch praktische Kurse.

Puh, das waren schon mal viele Infos. Kannst du noch? ;-) Weiter gehts!

Der klinische Studienabschnitt ist wieder komplett anders aufgebaut. Hier gibt es auch wieder ein "Heidelberger Spezial". Die 6 klinischen
Semester werden auf 5 Semester komprimiert. Somit hat man automatisch ein Freisemester. Das ist eigentlich für die Doktorarbeit gedacht, kann aber
auch einfach für Urlaub genutzt werden. Ich versuche die Klinik mal schnell zusammenzufassen.

Das 1. klinische Semester ist die Propädeutik. Hier hat man viele, viele kleine Fächer und einen 2-wöchigen Untersuchungskurs in einer Klinik.
Inhalte sind zum Beispiel Biometrie, Hygiene, Pathologie, Radiologie.....meistens nur 2-4 Wochen lang und mit einer kleinen Klausur verbunden. Es gibt
ab jetzt also nicht mehr nur eine große Klausur am Ende des Semesters sondern viele kleine, dafür aber übers Semester verteilt.

Die restlichen 4 klinischen Semester absolviert man in kleineren Gruppen und nicht immer in der gleichen Reihenfolge. Es gibt jeweils ein großes Semester
"Innere Medizin" mit all seine Unterfächern, ein großes Semster Chirurgie und 2 Semester mit vielen vielen "kleinen" Fächern (Gynäkologie, Anästhesie,
HNO, Augenheilkunde, Pädiatrie, Rechtsmedizin und noch viele mehr).

Die klinischen Semester sind viel praktischer orientiert als die Vorklinik und auch "richtig medizinisch". Es gibt wie immer Vorlesungen, aber auch Seminare
in kleinen Gruppen und natürlich Unterricht in der Klinik am Patientenbett. Je nach Fach ist dieser auch richtig gut und in schön kleinen Gruppen. Man ist maximal
zu viert einem Arzt zugeteilt und bespricht Fälle, untersucht Patienten und übt Untersuchungstechniken.

In den Ferien ist dann Zeit für die Famulaturen. Also "ärztliche Praktika" in der Klinik. Insgesamt 120 Tage. Hier arbeitet man richtig in der Klinik mit und bekommt
ein gutes Gefühl für die einzelnen Fächer. Man sieht auch sehr gut ob einem eine Fachrichtung liegt oder nicht.

Abgeschlossen wird das Studium mit dem 2. Staatsexamen (schriftlich), dem praktischen Jahr in der Klinik (je 4 Monate Innere, Chirurgie und ein Wahlfach) und
dem 3. Staatsexamen (mündlich).

Mein Fazit zur Klinik: Hier macht das Studium richtig Spaß! Es geht endlich um Medizin, die Klausuren sind spürbar einfacher und man hat auch wieder
etwas mehr Freizeit.

Ist das Medizinstudium wirklich so wie man immer hört? Also muss man im Medizinstudium nur auswendig lernen?

Zum Teil schon. Aber reines auswendig lernen ist es nicht. Gerade am Anfang (Anatomie) ist es sehr viel stures auswendig lernen.
Dann gibt es Fächer, wie Biochemie und Physiologie, die sich total gut über "Verständnis" lernen und herleiten lassen, wo man mit
auswendig lernen aber auch recht weit kommt. Der Zeitaufwand fürs Lernen ist echt hoch. Ich war zur Schulzeit relativ faul und musste mich erst mal
an das viele Lernen gewöhnen. Zumal ich vor dem Studium noch eine Ausbildung gemacht habe. Es gibt immer wieder Themen die man nicht mag und die
man sich regelrecht ins Gedächtnis kloppen muss. Die Medizin ist aber auch unglaublich spannend und wenn man mit einer Portion Neugier ran geht,
kann man viel Spaß haben.

Was sollte man deiner Meinung nach für das Medizinstudium in Heidelberg mitbringen?

Das ist eine sehr gute Frage. Man muss sich bewusst sein, dass das Studium anstrengend ist und einfach 6-7 Jahre dauert. Man sollte sich also recht sicher
sein, dass man wirklich Ärztin/Arzt werden will oder zumindest etwas verwandtes tun möchte (Forschung, Industrie...). Das Leben als Ärztin/Arzt hat viele tolle
Seiten, hat aber wenig mit Vorstellung wie zum Beispiel Grey's Anatomy oder ähnlichem zu tun. Ein FSJ oder eine Ausbildung in einem medizinischen Beruf
schadet sicher nicht. Gerade wenn man noch Wartezeit zu füllen hat.
Man braucht Neugier und Durchhaltevermögen. Trotzdem sollte man nicht zu verbissen dran gehen. Party machen, Hobbies pflegen und Freunde sollten im Studium
niemals zu kurz kommen!
Gutes Vorwissen in den naturwissenschaftlichen Fächern ist sicherlich hilfreich. Schwachstellen hat aber jede/r, also nur Mut! Man braucht auch kein 1,0er Abitur
um gut durchs Studium zu kommen. Ich selbst hatte "nur" eine 2,3 und ein Freund von mir sogar nur 3,5 und er ist jetzt einer der besten seines Semesters.
Man sollte keine Berührungsängste haben oder all zu scheu sein. Man wird bald mit, zum Teil schwer Kranken, Patienten konfrontiert und muss auch solche Situationen
aushalten können. Kann man aber alles lernen :-)

Das war jetzt ein großer Brocken an Infos. Und natürlich auch ein wenig subjektiv. Ich persönlich bin froh das Studium durchgezogen zu haben und würde es auch
immer wieder machen. Der Arztberuf bietet viele Möglichkeiten und ist einfach toll :-) Man muss es sich aber gut überlegen, denn der Weg ist lang und zum Teil steinig.
Ich denke jede Uni hat ihre Vorteile und man kann überall gut Medizin studieren. Ich war mit Heidelberg aber sehr zufrieden und die Uni hat natürlich auch einen sehr
guten Ruf!

Ich könnte noch viel mehr erzählen, aber das sprengt den Rahmen. Falls ich etwas vergessen oder eine Frage falsch verstanden habe, kannst du mir jederzeit wieder
schreiben. Und keine Angst, es gibt keine dummen Fragen :-)

Viele Grüße,
Alexander

Neu ergänzt am 15.12.2015 um 12:35 Uhr

Antwort von Fachschaft Medizin Heidelberg 15.12.2015 13:02

Hallo Aisha,
das sind viele Fragen, die sehr berechtigt sind.

Da sich einige diese Fragen stellen, gibt es einen sehr guten Überblick auf folgender Internetseite:

http://www.medizinische-fakultaet-hd.uni-heidelberg.de/Humanmedizin.110062.0.html

Liebe Grüße,
Johanna

Neu ergänzt am 15.12.2015 um 13:02 Uhr

Antwort von David 15.12.2015 15:08

Hallo Aisha,

es ist in der Tat so, dass speziell am Anfang viel auswendig gelernt werden muss. Das ist aber notwendig, weil dieses Wissen eben später dein Werkzeug ist, mit dem du anderen unter Umständen das Leben rettest. Ich habe auswendig lernen immer gehasst und war auch nie wirklich gut darin, aber es ist ein Unterschied wenn einen die Dinge, die man lernen muss wenigstens interessieren. Dann ist das alles halb so wild ;)

Für Heidelberg brauchst du im Prinzip keine besonderen Fähigkeiten, obwohl man hier immer wieder erzählt bekommt, dass man zuer Medizinerelite gehört. Was glaube ich hier etwas anders ist als an anderen Unis, ist dass der Lehrplan hier sehr verschult ist, d.h. man kann seinen Stundenplan nicht selbst gestalten und es gibt viele Veranstaltungen, an denen die Anwesenheit kontrolliert wird. Aber vielleicht sind wir genau deswegen so gut :) Worauf hier auch spezieller Wert gelegt wird ist, dass viele seminare usw in Kleingruppen (max. 15 Leute) werden, das ist bei anderen Unis anders. So hat man eine sehr gute Betreuung und es kann individueller auf jeden eingegangen werden.

Also hab keine Angst, es ist trotzdem ein sehr spannendes Studium und auch ein vielseitiger Beruf.

Ich hoffe ich konnte dir etwas helfen,

Grüße,

David

Neu ergänzt am 15.12.2015 um 15:08 Uhr

Antwort von Katharina 15.12.2015 15:14

Hi Aisha,

also in der Vorklinik ist es natürlich schon viel Auswendiglernerei. Allerdings kann man sich durch Logik auch immer einiges herleiten und es sich so einfacher merken. Anatomie ist der größte Batzen gleich im 1. Semester. Das ist schon erstmal viel und da muss man ordentlich lernen, wenn man gar keine Vorerfahrung hat. Es wird gleich gepräppt und am Ende jedes Themengebiets (ca alle 4 Wochen) gibts eine Prüfung entweder an der Leiche oder an Modellen.

In Heidelberg wird in den Semestern 2-4 versucht die verschiedenen Fachbereiche (Biochemie, Physiologie, Histologie) zu integrieren.D .h. man versucht ein Themenbereich komplett von allen fachbereichen gemeinsam zu durchleuchten also z.b. ist das Thema Niere wird zeitnah dazu die Physiologie, die Histologie und die Biochemie besprochen. Jeden Morgen Vorlesung, Seminare und Praktika in kleineren Gruppen über die Woche verteilt. Man hat relativ viel Zeit zwischendurch, am Ende häuft sich der Stoff dann für die Klausur, die aber in der Regel sehr gut zu meistern sind (auch mit weniger Zeitaufwand).

Ich hab mir das Studium viel schwieriger vorgestellt. Allerdings habe ich vorher eine Ausbildung gemachtl, die wesentlich zeitintensiver war. Das schöne am Studium ist ja, dass man es sich ein bisschen selbst einteilen kann wann man was lernt. Natürlich kann man seine Abende und Nächte auch nur am Schreibtisch verbringen, wenn man das möchte aber man muss das nicht das ganze Semester lang machen um die Klausuren zu meistern.

Wenn du Zeit vorher hast ein Pflegepraktikum zu machen würde ich das tun. Ich habe das in den Semesterferien gemacht. Ging auch sehr gut aber ich hatte dann die ersten 2 Jahre eben kaum Semesterferien. Vorerfahrung hilft sehr viel (auch das ganze etwas relaxter anzugehen) aber ist kein muss.

Ich hoffe ich konnte ein bisschen helfen!

Wenn nicht, einfach nochmal fragen ;)

LG,

Katharina

Neu ergänzt am 15.12.2015 um 15:14 Uhr

Nachfrage von Aisha 19.12.2015 16:47

Eine Frage hätte ich noch: Ist das Fachwissen, was gelehrt wird, modular und organzentriert aufgebaut?

Neu ergänzt am 19.12.2015 um 16:47 Uhr

Antwort von Katharina 11.02.2016 19:23

sorry, hab die nachricht grad erste gelesen.. Falls du die Antwort noch nicht wo anders her hast: In der Vorklinik ists eher organzentriert und in der Klinik modular.

Neu ergänzt am 11.02.2016 um 19:23 Uhr