Wird der Studiengang "Sozialwissenschaften" seinem Ruf gerecht?

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Hi Fachschaft Sozialwissenschaften,

Zur Zeit mache ich eine Ausbildung in einer Werbeagentur. Danach möchte ich gerne studieren und bin deswegen auf der Suche nach einem für mich passenden Studiengang. Ich interessiere mich sehr für die Inhalte von Sozialwissenschaften. Daher meine Frage:

Kann man mit dem Abschluss dieses Studienganges wirklich so wenig anfangen, wie überall im Internet steht?

Vielen Dank für eure Antworten! :-)

2 Antworten

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Nina

Antwort von Fachschaft Sozialwissenschaften 13.02.2015 12:03

Hallo Jasmin,

zunächst möchte ich dich darauf hinweisen, dass das Fach Sozialwissenschaften an der TU Dortmund ausschließlich als Unterrichtsfach im Lehramtsstudium studiert werden kann. Dennoch kommt man natürlich nicht umhin, etwas von der 'gesellschaftlichen Stellung' seines Faches mitzubekommen, daher ein paar kurze Worte dazu:

Das Fach Sozialwissenschaften ist ein klassisches Beispiel für Geistes- und Gesellschaftswissenschaften. D.h. das Ziel eines Studiums ist nicht primär die Vorbereitung auf einen/mehrere konkrete/n Beruf/e, sondern ermöglicht stattdessen eine umfassende Beschäftigung mit einem wissenschaftlichen Themenkomplex. Darin liegt - um auf deine Frage zurückzukommen - sowohl Vorteil als auch Nachteil des Faches. Es gibt viele Berufe, die mit Sozialwissenschaften möglich sind, aber es liegt an dir, dein Studium durch Schwerpunktlegung (Modulwahl, Praktika etc.) in die entsprechende Richtung zu lenken. Dies erfordert sehr viel Selbstständigkeit, aber ermöglicht dir auch, ein persönliches Profil zu bilden. Der Nachteil liegt natürlich darin, dass du in den klassischen Berufsfeldern für Sozialwissenschaftlern mit Absolventen anderer, ähnlich gearteter Fachrichtungen (Psychologie, BWL, VWL, Germanisten uvm.) konkurrierst.

Ich hoffe, dir zumindest einen groben Überblick gegeben zu haben.

Viele Grüße

Tobias Hufnagel (FS Sowi)

Neu ergänzt am 13.02.2015 um 12:03 Uhr

Antwort von Nina 16.02.2015 13:57

Liebe Jasmin

wenn ich dich richtig verstehe bezieht sich deine Frage auf das Thema "Berufschancen", oder? Ich würde sagen, dass es tatsächlich nicht ganz leicht ist nach dem Studium einen Job zu finden, auf jeden Fall nicht so leicht wie für Studierende des Ingenieurwesens o.Ä., aber wenn man während des Studiums einige Dinge beachtet ist der Berufseinstieg kein Ding der Unmöglichkeit. Auffällig in meinem 'Jahrgang' war auf jeden Fall, dass alle einen studiennahen Job (d.h. nicht irgendein 'Überlebensjob') gefunden haben, wobei a) dem in fast allen Fällen eine (kurze) Phase der Arbeitslosigkeit/ Praktikum/ etc. vorangegangen ist, b) dieser (oft wiederholt) befristet war (auf 6 Monate/ 1 Jahr/ 2 Jahre) und c) nicht unbedingt in der Stadt zu finden war in der die Person bisher gewohnt hat/ unbedingt hinwollte. Abgesehen davon bin ich der festen Überzeugung, dass man nur gut ist wenn man etwas macht, was einem Spaß macht, ein Studium mit den besten Berufsausichten der Welt einem also nichts bringt, wenn man kein Spaß daran hat und darin demnach auch nicht besonders gut ist :). Außerdem sollte man Berufschancen-Prognosen ganz generell mit Skepsis gegenübertreten, denn niemand (!) kann vorhersagen wie der Arbeitsmarkt in 5-6 Jahren (d.h voraussichtlich wenn du mit dem Studium fertig bist) aussehen wird: Dem Aufschrei nach "Lehrermangel" oder "Juristenmangel" folgt oftmals nach nur wenigen Jahren ein Aufschrei über "Lehrerschwemme" oder "Juristenschwemme" und umgekehrt.

Nichtsdestotrotz denke ich, dass die Beherzigung folgender Tips auf jeden Fall hilfreich ist:

1) Während (und nicht erst nach) dem Studium Gedanken zum Berufswunsch machen.

Das Studium der Sozialwissenschaften bildet zunächst einmal die Studierenden zu Wissenschaftler*innen aus, aber nur einer kleiner Teil davon wird auch wirklich Wissenschaftler*in. Für alle anderen gibt es ein unklares, bzw. positiver ausgedrückt, vielfältiges Berufsbild: Sozialwissenschaftler*innen können als Assistent*innen von Politikern im Bundestag arbeiten, als Spezialisten für "Public Affairs" in großen Konzernen, aber auch an unterschiedlichsten Stellen in Vereinen, Gewerkschaften und Stiftungen, als Mitarbeiter*in in der Verwaltung im Allgemeinen oder der Stadtplanung im Speziellen oder als Mitarbeiter*in im Bereich PR und Kommunikation, um nur einen Bruchteil der Möglichkeiten zu nennen. Deshalb ist es notwendig, dass man für sich selber während des Studiums herausfindet was man mit dem Studium machen möchte und auf dieses Ziel hinarbeitet. Natürlich kann sich das im Laufe der Zeit verändern, ich z.B. wollte lange Zeit in der Entwicklungszusammenarbeit tätig werden, habe mich dann aber doch (erstmal) für eine wissenschaftliche Karriere entschieden.

2) Bereits während des Studiums 'Praxiserfahrung' sammeln.

Sich über mögliche spätere Berufsfelder Gedanken zu machen bedeutet auch: Praktika, Praktika, Praktika. Nachdem man sich Gedanken gemacht hat, muss man auf jeden Fall 'im Feld' überprüfen ob das von dem man annimmt es mache einem Spaß, einem auch wirklich Spaß macht. Auch hilfreich kann ein 'studienfachrelevanter' Nebenjob sein. Ich z. B. habe zwar während meines Studiums in einer Videothek gearbeitet (einfach weil es mir Spaß gemacht hat), aber eben auch beim Fraunhofer Institut für Arbeits- und Organisationsforschung, weil ich schauen wollte ob mir diese Art der anwendungsorientierten Forschung Spaß macht.

3) Einen Studiengang wählen der die notwendigen Kenntnisse/ Fähigkeiten für das angestrebte Berufsziel vermittelt.

Unterschiedliche Universitäten legen unterschiedliche Schwerpunkte, an den Universitäten Mannheim und Konstanz sind die sozialwissenschftlichen Studiengänge z.B. sehr Methoden- und Statistiklastik, an der Unversität Frankfurt spielt Theorie eine große Rolle. Des Weiteren gibt es auch inhaltliche Unterschiede: Während z.B. die Universität Stuttgart den Fokus auf Technik- und Risikosoziologie gelegt hat, spielen an der Universität München die Gender Studies eine prominente Rolle. Es ist also sinnvoll den B.A., aber vor allem den M.A. so auszuwählen, dass man möglichst gut auf das angestrebte Berufsfeld vorbereitet ist, wenn man in der Stadtplanung arbeiten will sollte man sich einen Studiengang raussuchen in der es einen entsprechenden Lehrstuhl/ ein entsprechendes Modul gibt, möchte man in die Marktforschung ist man gut beraten einen Studiengang zu wählen in der quantitative Methoden eine große Rolle spielen, möchte man später in der Personalabteilung arbeiten, ist BWL als Nebenfach eventuell eine gute Idee. Insgesamt glaube ich, dass solide Methodenkentnisse (und insb. gute Kenntnisse der Statistik) immer hilfreich sind.

Wichtig ist meiner Meinung nach auch, dass man sich nicht zu früh verrückt macht bzw. (z.B. vom Internet) verrückt machen lässt, sondern (auch mit Hilfe der Berufsberatung des Arbeitsamtes, der Studienberatung der Universität, etc.) daran arbeitet konkrete Perspektiven für sich zu erarbeiten.

Viele Glück!

Nina

Neu ergänzt am 16.02.2015 um 13:57 Uhr